Festival:

M´era Luna 2023 - Sonntag, 13.08.2023

Festival vom 13.08.2023

 Sonntagvormittag auf dem M ´era Luna. Während manch einer nach durchfeierter Nacht noch im Zelt oder (die Bessergestellten unter uns) im Bett lag, saßen andere schon im Make Up-Zelt (welches andere Festival hat so etwas schon?), um sich dem Anlass entsprechend in Form zu bringen. Immerhin war für heute durchgehend trockenes Wetter gemeldet, es mussten also weniger Zugeständnisse an die Witterungstauglichkeit des Outfits gemacht werden und auch der Regenschirm durfte zuhause bleiben. Den Anfang auf der Bühne machten diesmal DRAGOL, die mit atmosphärischem Pagan Folk auf sich aufmerksam machten. Während auf der Club Stage MANNTRA mit einem Mix aus Metal, Mittelalter, Pyrotechnik und Partystimmung trotz noch früher Stunde für gute Laune sorgten, nahm der eine oder andere das noch relativ ruhige Festivalgeschehen zum Anlass für einen ausgedehnten Shoppingbummel entlang der verschiedenen Stände. Nur am Festival-Merch-Stand herrschte gähnende Leere in jeder Hinsicht: das diesjährige Angebot war praktisch restlos ausverkauft, was die Verantwortlichen schließlich dazu veranlasste, noch übriggebliebene Restbestände aus früheren Jahren feilzubieten, um wenigstens nicht ganz ohne Ware dazustehen. Übrigens gab es ganz stilecht sogar schwarzes Eis: in verschiedenen Sorten und unterschiedlicher Abtönung, im Großen und Ganzen aber definitiv schwarz. Der Spaß hatte seinen Preis, aber man gönnt sich ja sonst nichts. Mittendrin war auch wieder das (L)Einhorn, dass sich von seinem gutgelaunten „Besitzer“ fröhlich tanzend über das Gelände führen ließ und trotz der zweifelsohne tropischen Temperaturen, die ihm Inneren des Kostüms herrschen mussten, unverdrossen Modell für Fotos stand und auf Wunsch bereitwillig (L)Einhorn-Umarmungen verteilte.

LETZTE INSTANZ legten mit Cello und viel Energie los und brachten das Publikum schon mit dem Opener „Ehrenwort“ auf Trab. Wie so viele Bands dieser Tage brachten auch die Dresdener ihre Dankbarkeit darüber zum Ausdruck, schon so lange Teil des M ´era Luna-Zirkus sein zu dürfen: „Wir haben überlegt, wann wir das erste Mal hier waren – das war 2000. Danke, dass ihr uns so lange begleitet! Wer war denn damals schon da?“ Kurze Pause. Dann, grinsend aufgrund der zurückhaltenden Reaktion des Publikums: „Ah, der eine oder andere ist schon gestorben!“ Die Menge vor Ort erwies sich dann aber doch noch als recht lebendig und feierte Songs wie „Enzündet Die Feuer“ und „Wir Sind Eins“ fleißig mit. Rockig weiter im Programm ging es auch mit THE 69 Eyes, allerdings erst mit einer knappen Viertelstunde Verspätung (Déjá-vu, Déjá-vu: hatten wir das nicht vor ein paar Jahren schon mal?). Die Finnen – übrigens ebenfalls schon lange Teil der M ´era Luna- Community – betraten die Bühne zu Klängen von ELVIS, was in manch einem Fan vermutlich glückliche Erinnerungen an die kleine Reihe von Akustikkonzerten vor etlichen Jahren heraufbeschwor, die auch sehr gelungene ELVIS-Cover in ihrem Set beinhaltet hatten (wäre das nicht auch mal wieder was für die Zukunft?). ELVIS gab es während des Konzerts diesmal zwar nicht auf die Ohren, dafür aber etliche Bandklassiker: „Devils“, „Feel Berlin“; „Gothic Girl“ und „Brandon Lee“ kredenzten feinen Goth´n´ Roll, bevor die Helsinki Vampires sich mit dem inzwischen schon traditionellen Rauschmeißer-Kracher „Lost Boys“ verabschiedeten.

Ein Festivalbericht ist dem Ziel verpflichtet, ein Bild des Geschehens vor Ort zu entwerfen und, soweit möglich, dessen Stimmung einzufangen, und zwar für Daheimgebliebene wie für Besucher gleichermaßen. Was daher an dieser Stelle auch ausdrücklich Erwähnung finden muss, ist ein Umstand, der das M´era Luna klar aus der Masse heraushebt und gefühlt wirklich zu etwas Besonderem macht: das ganze Festival ist geprägt von einer Höflichkeit, Toleranz und gegenseitigen Rücksichtnahme, die nicht nur auf Festivals ihresgleichen sucht. Hier wird nicht gepöbelt, gedrängelt, ausgegrenzt oder blöde angemacht. Diversität, Body Positivity, Inklusivität, Toleranz – all die Dinge, um die an anderer Stelle ein irrsinniger Wirbel mit oft fragwürdigem Ergebnis gemacht wird, werden hier einfach mit stilschweigender Selbstverständlichkeit und ohne großes Bohei gelebt, ein jeder darf hier sein wie er nun mal ist und nach seiner Fasson glücklich werden. Im Herzen ist die Schwarze Szene ziemlich bunt: jeder wird gleichermaßen respektvoll behandelt, unabhängig von Alter, Geschlecht / Gender, ethnischer, kultureller oder religiöser Zugehörigkeit, Kleidergröße, Erscheinungsbild oder Musikgeschmack, und das ganz ohne Vorschriften oder Schwingen der Moralkeule. Es herrscht die unausgesprochene Übereinkunft, dass alle sich wohlfühlen sollen und nach dieser Maxime verhält man sich auch.  Vielleicht braucht die Welt einfach ein bisschen mehr M´era Luna?

Um 16: 30 Uhr übernahm PETER HEPPNER die Bühne (ein Gastspiel hatte er ja schon gestern gegeben) und lieferte, beginnend mit „Alleinesein“, einen Querschnitt durch sein Schaffen ab, der sowohl seine Zeit mit WOLFSHEIM als auch seine Solo-Werke abdeckte und in dem natürlich auch der WOLFSHEIM-Hit „Kein Zurück“ nicht fehlen durfte. Die Stimmung vor der Main Stage war entspannt, man war teilweise schon etwas mitgenommen vom ersten Festivaltag und viele nutzen die etwas ruhigeren Klänge, um sich auf Bierbänken und Picknickdecken zurückzulehnen und ein wenig zu erholen. Weniger gemütlich ging es stattdessen an der Club Stage zu, auf der AGONOIZE, entgegen vorheriger Befürchtungen und zur großen Freude manch eines Fans, diesmal wieder nach Herzenslust mit Kunstblut herumspritzen durften. Wer dabei in den vorderen Reihen gestanden hatte, war hinterher unschwer zu erkennen. Auf der Main Stange ging es unterdes zurück ins Mittelalter: SUBWAY TO SALLY hielten, von Pyrotechnik untermalt, Hof und brachten das Publikum mit „Eisblumen“, „Sieben“, „Kleid Aus Rosen“ und „Tanz auf dem Vulkan“ auf Touren. Apropos tanzen: Stolz war die Band verständlicherweise auch, denn wie Sänger Eric Fish vor „Veitstanz“ so schön bemerkte: „Es ist schon cool, wenn man ein Lied geschrieben hat, nach dem inzwischen Discos benannt sind!“

Rockig-melancholisch dagegen ging es bei MONO INC. zu, die für die ursprünglich angekündigten, dann aber ausgefallenen FIELDS OF THE NEPHILIM eingesprungen waren. Songs wie „Arabia“, „Heartbeat Of The Dead“ und „Children Of The Dark” gingen schnell ins Ohr und in die Beine und die Band ließ es sich nicht nehmen, dem entspannt-sommerlichen Festivalflair zu huldigen: man nahm kurzerhand Leonard Cohens „Hallelujah“ und dichtete den Refrain auf „M´era Luna“ um, was die Menge vor der Bühne inbrünstig mitsang. Und damit es nicht zu ruhig wurde, folgte darauf der Weckruf an alle Piraten (zumindest im Herzen) da draußen: „He´s A Pirate“ vom Pirates Of The Carribbean-Soundtrack wurde mit viel Schmackes als Kontrastprogramm rausgehauen und sorgte umgehend für Energie und beste Laune.

Allmählich begannen sich zunehmende Verschleißerscheinungen zu zeigen, sowohl auf dem Infield als auch auf dem Mittelaltermarkt saßen zunehmen mehr Leute auf den freien Flächen verteilt am Boden, darum bemüht, in der Umbaupause noch einmal Energie für den Festival-Endspurt zu sammeln. Um 21 Uhr schließlich fiel er Startschuss für WITHIN TEMPTATION. Sharon den Adels glockenklare Stimme, die druckvollen Gitarren und die begleitende Pyrotechnik schufen ein beeindruckendes Klang – und Bühnenbild, dass die meisten Besucher dann doch noch ein Mal auf die Füße brachte. Die Niederländer nutzten die Gelegenheit, um sich beim Song „Raise Your Banners“ Flagge schwingend mit dem Freiheitskampf der Ukraine solidarisch zu erklären und rockten sich durch ein tolles Set von „Our Solemn Hour“ über „Stand My Ground“, „The Reckoning“ und „Angels“ bis zu „Mother Earth“ als krönendem Abschluss. Ein klasse Finale, dessen einziger Wermutstropfen daraus bestand, dass das M ´era Luna damit für dieses Jahr schon wieder vorbei war.



Letzte Instanz Letzte Instanz The 69 Eyes The 69 Eyes Joachim Witt Subway To Sally Peter Heppner Mono Inc.